Astrofotografie ohne Nachführung

Deep-Sky Astrofotografie mit einfachen Mitteln

Als Deep-Sky Fotografie bezeichnet man die Fotografie von Himmelsobjekten, die sich außerhalb unseres Sonnensystems befinden. Dies sind zum Beispiel Galaxien, Planetarische Nebel, offene Sternhaufen oder Kugelsternhaufen. Der Einstieg in die Deep-Sky Fotografie muss nicht teuer sein, denn mit der richtigen Technik reichen handelsübliche Kameras aus, um Galaxien zu fotografieren. Natürlich werden die Bilder von der Qualität her nicht an Teleskopaufnahmen heranreichen aber es ist dennoch erstaunlich zu sehen, was mittlerweile möglich ist.

Rechts: Aufnahme von M101, ohne Nachführung. Links: Aufnahme mit Nachführung durch ein Teleskop (Megrez 72 FD).

Die Herausforderung bei der Astrofotografie liegt darin, dass die zu beobachtenden Objekte sehr dunkel sind und sich langsam über den Nachthimmel bewegen. Da man für gute Bilder lange Belichtungszeiten benötigt, werden in der Regel spezielle Kamera- bzw. Teleskopmontierungen verwendet, um die scheinbare Bewegung des Nachthimmels auszugleichen. Diese Montierungen müssen auf den Himmelsnordpol ausgerichtet werden und können je nach Qualität und Einsatzzweck (mobil oder stationär) recht schwer und teuer werden.

Die Preise für Einstiegsmodelle liegen derzeit bei ca. 350 - 500 Euro für eine Nachführeinrichtung mit Polsucherfernrohr. Man kann zwar auch zum günstigeren Selbstbau greifen (sog. Barndoor Montierungen), allerdings ist das nicht jedermanns Sache und auch der Betrieb erfordert einiges an Erfahrung.

Wie funktioniert eine Nachführeinrichtung?

Eine Nachführeinrichtung funktioniert im Prinzip wie ein Drehteller, der sich in 24 Stunden einmal um seine eigene Achse dreht. Das Grundproblem ist ähnlich der Bewegung des Stundenzeigers einer mechanischen Uhr. Die Mechanik älterer Modelle ist daher, abgsehen von Drehsinn, vergleichbar mit einer Uhr ohne Minutenzeiger. Anstelle des Stundenzeigers ist eine Kamerahalterung montiert. Damit die Nachführeinrichtung funktioniert muss sie genauso ausgerichtet werden, wie die Erdachse. Das bedeutet, das die Rotationsachse der Nachführung auf den Polarstern zeigen muss. Ist dies der Fall, so wird die Erdrotation im Bild kompensiert und längere Belichtungszeiten werden möglich.

Da die Montierung nur begrenzt genau auf den Himmelsnordpol ausrichtet werden kann, ergeben sich auch hier nur Belichtungszeiten im Minutenbereich. Für längere Belichtungszeiten werden sog. "Guider" verwendet, welche die Nachführung computergesteuert korrigieren. Der technische Aufwand bei der Astrofotografie wird also schnell sehr hoch.

Wie funktioniert Astrofotografie ohne Nachführung?

Der Zusatz "ohne Nachführung" ist ein wenig irreführend, denn ganz ohne Nachführung geht es in der Deep-Sky Astrofotografie nicht. Wenn man Astrofotografie mit feststehender Kamera betreibt, erhält man Strichspuraufnahmen, wie im Bild rechts dargestellt. Die Sterne werden als Kreissegmente abgebildet, in deren Rotationszentrum sich der Polarstern befindet.

Foto von Strichspuren über einem Waldgebiet Lange Belichtungszeiten führen zu Strichspuraufnahmen.

Strichspuren kann man nur durch kurze Belichtungszeiten vermeiden. Die Länge der Belichtungszeit hängt einerseits von der Brennweite des Objektivs, andererseits von der Nähe des Motivs zum Polarstern ab. Eine Abschätzung der Belichtungszeit, bei der noch keine Strichspuren im Bild sichtbar sind, erfolgt häufig mit der sog. "Fünfhunderter Regel" "Fünfhunderter Regel" (manchmal auch "Sechshunderter Regel" genannt). Diese besagt, das die maximal mögliche Belichtungszeit nicht länger sein sollte als 500 (bzw. 600) geteilt durch die Objektivbrennweite. Bei einem Objektiv mit 200 mm Brennweite wären dies 2.5 bzw. 3 Sekunden maximale Belichtungszeit.

Solche Belichtungszeiten sind eigentlich zu kurz um ausreichend Licht für die Deep-Sky-Fotografie einzufangen. Da es aber aus den oben bereits erwähnten Gründen keine andere Möglichkeit gibt, muss man bei der Astrofotografie ohne Nachführung damit arbeiten. Um in der Summe dennoch genügend Licht "einzufangen", werden einfach sehr viele Bilder hintereinander aufgenommen, die später am Computer überlagert werden (sog. "Stacking"). Der Computer berechnet die Positionsunterschiede zwischen den Einzelbildern und kompensiert die scheinbare Bewegung der Sterne digital.

Wenn man sehr viele Bilder macht, wird das Objekt unweigerlich aus dem Bildfeld der Kamera herauswandern. In diesen Fällen muss die Bildserie kurz unterbrochen und die Kamera neu auf das Ziel ausgerichtet werden. Wenn man es also genau nimmt, muss man die Kamera trotzdem nachführen, allerdings nicht kontinuierlich, sondern Schrittweise. Bei einem 200 mm Objektiv kann man circa 50 bis 100 Bilder aufnehmen, bevor eine Neuausrichtung der Kamera notwendig wird. Bei Objektiven mit kürzerer Brennweite kann man mehr Bilder aufnehmen oder ganz auf die Neuausrichtung der Kamera verzichten. Bei der Astrofotografie ohne Nachführung wird also die kontinuierliche Nachführung durch das gelegentliche manuelle Neuausrichten der Kamera ersetzt. Die eigentliche "Nachführung" erfolgt durch rechnerische Bestimmung der Positionsabweichung zwischen den einzelnen Bilder. Die "Nachführung" ist damit ein Teil der Bildbearbeitungskette.

Aus vielen schlechten Bildern wird ein Gutes

Die resultierenden Einzelbilder (sog. Light frames) sind deutlich unterbelichtet und dadurch sehr dunkel, bzw. fast komplett schwarz. Die geringe Bildhelligkeit stellt ein Problem bei der digitalen Speicherung des Bildes dar. In Digitalbildern werden Helligkeitsinformationen nur mit begrenzt vielen Helligkeitsabstufungen gespeichert. Die Anzahl der Abstufungen hängt von der Anzahl der zur Verfügung stehenden Bits ab. Bei 8 Bit sind es 2^8, also 256 Helligkeitsstufen. Bei 14 bit sind es bereits 2^14, also 16384 Helligkeitsabstufungen. Diese beiden Werte sind interessant, da zum einen das JPEG Format mit nur 8 Bit pro Farbkanal arbeitet, wohingegen das Rohdatenformat moderner Spiegelreflexkameras 14 bit pro Farbkanal verwendet.

Sind die Bilder jedoch unterbelichtet, so bedeutet dies, dass das hellste Pixel im Bild nicht den maximal möglichen Wert hat, sondern einen deutlich kleineren. Wenn das hellste Pixel in einer 8 Bit Aufnahme beispielsweise nur den Helligkeitswert 64 hat, so entspricht das effektiv nur noch noch 6 Bit (2^6=64). Es sind im Gesamtbild also nur noch 64 statt 256 möglicher Helligkeitsabstufungen vorhanden. Da die Abbildung feiner Details ist mit derart wenigen Helligkeitsstufen nicht möglich ist, muss man die Informationsverluste durch die Digitalisierung vermeiden indem man das Nutzsignal verstärkt und das Bild damit künstlich aufhellt.

Stark verrauschte Einzelaufnahme der Andromedagalaxie; Aufgenommen mit 2 Sekunden Belichtungszeit Ein Einzelbild der Andromeda Galaxie. Aufgenommen mit ISO 12000. Die Galaxie ist nur schemenhaft zu erkennen, das Sensorrauschen ist deutlich sichtbar.

Leider verstärkt man damit nicht nur das Bildsignal, sondern auch das Bildrauschen. Ein Informationsgewinn findet nicht statt! Man vermindert allerdings den Informationsverlust durch die Digitalisierung. Bei Digitalkameras stellt man die Verstärkung mit dem sog. ISO Wert ein. Der ISO Wert sollte so hoch gewählt werden, dass das gewählte Beobachtungsobjekt (z.B. ein planetarischer Nebel) mit möglichst vielen Helligkeitsabstufungen dargestellt wird ohne dabei überbelichtet zu sein. Das Bild rechts zeigt eine Einzelaufnahme der Andromeda Galaxie mit 2 Sekunden Belichtungszeit. Bei der Aufnahme wurde mit ISO 12800 gearbeitet. Die Kernregion der Andromedagalaxie ist kaum zu erkennen.

Das Bildrauschen ist enorm. Dieses Bild ist repräsentativ für die zu erwartended Qualität der Einzelaufnahmen bei der Astrofotografie ohne Nachführung. Warum das nicht so schlimm ist werde ich im nächsten Kapitel erklären. Ich werde dafür näher auf das sogenannte Stacking eingehen und erläutern wozu man Lightframes, Darkframes und Flatframes benötigt und wie man aus diesem Bildern ein Astrofoto berechnet.